The "Saint Hermagoras" publishing house for popular literature
The Saint Hermagorus Society was founded in 1851 in Celovec~Klagenfurt,
and after the fall of the Austro-Hungarian monarchy was forced to move from
Carinthia to Yugoslavia; today it operates also in Celje and Gorica. It
began by publishing works in translation, and then with an excellent
subscription system and with good honoraria and prizes it encouraged the
creation of original literary works, especially in the framework of the
collection Slovenske večernice [the Slovene evening star]. In 1918 its
print runs reached a total of 90,000, which--given that the then
population of Sovenia was 1,360,000--is record-breaking. The Hermagorus
prose output is characterized by educational works with religious, economic
and national content, and these have found their most typical expressive
form in the genres of "Christoph-Schmidt" [i.e., children's], rural and
historical stories.
Im Jahre 1851 gründeten, nach längerem Widerstand der Behörden, vier Kärntner geistliche Herren und drei Lehrer in Klagenfurt (Celovec) nach dem Vorbild des Wiener Mechitaristenvereins "zur Verbreitung guter katholischer Bücher", besonders aber nach dem Vorbild des tschechischen Vereins des Heiligen Johannes Nepomuk den Verein St. Hermagoras1 (Društvo svetega Mohorja), benannt nach dem einstigen Bischof von Aquilea, dem Märtyrer Hermogenes († 304), der seit 1031 Schutzpatron des Patriarchats in Aquilea und zwischen 1461 und 1961 auch der Schutzpatron des Bistums Laibach (Ljubljana) war. Nach der Überzeugung der Gründer soll Hermagor, ähnlich etwa wie die Slavenapostel Kyrill und Method bei den Tschechen, den Slovenen aus Aquilea die christliche Kultur gebracht haben; diese Auffassung ist allerdings mit den historischen Fakten kaum in Übereinstimmung zu bringen, haben sich doch die Slovenen nach den historischen Quellen erst im 6. Jh auf ihrem heutigen Gebiet angesiedelt, also etwa 200 Jahre nach dem Tode des Heiligen. Dennoch ist diese Deutung ein Hinweis auf die eigenständige glaubenspolitische Einordnung der Slovenen, denen das religiöse Zentrum Aquilea mehr zusagte als die Konkurrenz in Salzburg.
Ein konkretes Anliegen des Vereins war eine verlegerische Tätigkeit mit dem Ziel, "ein religiöses, gutes Benehmen zu unterstützen und den katholischen Glauben im slovenischen Volk zu erhalten; in dieser Absicht sollten gute katholische Bücher publiziert und unter den Slovenen verbreitet werden"2. Allein der katholische Glaube konnte nach Ansicht der Gründer eine wahre Kultur schaffen, und nur eine wirklich katholische Kultur konnte dem Volk das wahre Glück bringen. Triebkraft bei der Gründung war in hohem Maße aber auch die Furcht vor der Dominanz der deutschen Sprache, da gerade nach 1848 die Rechte der Slovenen in Schulen und Behörden weitestgehend mißachtet wurden. Eine weitere Absicht war es, der immer zahlreicher werdenden slovenischen Intelligenzschicht einen Raum für Veröffentlichungen zu bieten, die ihnen auch einen bestimmten wirtschaftlichen Nutzen bringen konnten. Die slovenischen Drucke sollten die slovenische Literatur und Sprache bereichern und "das slovenische Volk auf eine höhere Stufe der christlichen Kultur und des wahren Glücks und der Ehre" erheben3. Die Förderer des Vereins waren in den ersten Jahren Geistliche, die anfangs 70% der Mitglieder und Abonnenten stellten; ihnen folgten an zweiter Stelle die Beamten mit 14%. Nach vielversprechendem Beginn geriet der Verein nach zehn Jahren in eine Krise, benannte sich in eine Gesellschaft oder eine Art Bruderschaft um4 und organisierte sich nach dem Vorbild der tschechischen St. Nepomuk-Gesellschaft und der slovakischen Gesellschaft "Kyrill und Method" völlig neu. Durch ihre feste Verknüpfung mit der Kirche und stärker noch durch ihr Streben nach niedrigen Buchpreisen konnte sich die Gesellschaft dem einfachen Volk annähern, vor allem den slovenischen Bauern und der Schuljugend, die nach dem Gesetz nicht Mitglieder verschiedener Vereine sein durften. Diese nationale und volkserzieherische Absicht wird in einer Schrift der Gesellschaft deutlich, wo es heißt:
Wir Slovenen wollen auch in der Bildung nicht hinter anderen Nationen herhinken. An den Hermagoras-Büchern soll sich unser Volk in seiner Gänze belehren, bilden und für das Gute und Schöne begeistern! Im armen Bergbauernhaus, wo Knecht und Hausherr im flackernden schwachen Licht die Hermagoras-Bücher durchblättern und der Familie daraus laut vorlesen, wie auch in den harmonischen städtischen Häusern, wo Alt und Jung voller Freude nach unseren Büchern greift: Überall erfüllt unsere Gesellschaft denselben Zweck: sie schärft den Lesern den Verstand und besänftigt ihr Herz5.
1. Die Gesellschaft und ihre Mitglieder
Seit dem frühen 19. Jh waren in der slavischen Welt die sogenannten "matica"-Gesellschaften entstanden: die Matica Srpska 1826, die Matice Česká 1831, die Matica Hrvatska 1842, einige Zeit später auch die slovakische (Matica Slovenská 1863) und die slovenische "matica" (Matica Slovenska 1864). Die Bedeutung des Wortes "matica" ist nicht allein aus der Bienenwelt abzuleiten6 und die Gesellschaft demgemäß nicht nur als nationalpolitisches, hauptsächlich bürgerliches Kulturzentrum zu verstehen, sondern man muß in diesem Fall bei "matica" die ältere Bedeutung berücksichtigen, d.h. sie als Stiftung verstehen, als ein beständiges Kapital, aus dessen Zinserträgen sich die Tätigkeit der Gesellschaft finanziert. Entsprechend verstand die slovenische "matica"-Gesellschaft die ökonomische Stärke des slovenischen Bürgertums als eine Voraussetzung für ihre kulturelle und politische Selbständigkeit. Die katholische und auf die bäuerliche Mehrheit des slovenischen Volkes orientierte Hermagoras-Gesellschaft war ähnlich organisiert, war jedoch aktiver und erfolgreicher als das slovenische Bürgertum mit seiner "matica".
Das Publikationsprogramm der Gesellschaft war so angelegt, daß den ständigen Abonnenten die Belletristik in der Sammlung Slovenske večernice7 anlocken sollte. 1863 schrieb die Gesellschaft deswegen einen Wettbewerb für Original-Novellen oder Erzählungen aus, der für Autoren finanziell attraktiv und für den Leser wegen der geförderten Gattungen interessant war. In kurzer Zeit verdrängte aufgrund dieser Initiative die Original-Literatur bei der Hermagoras-Gesellschaft die Übersetzungsliteratur.
Originale und übersetzte Titel in der Produktion der St. Hermagoras-Gesellschaft
Erst 1871 erhielt die Gesellschaft die Erlaubnis, eine eigene Druckerei in Klagenfurt zu führen. Von nun an sorgte sie neben der Herausgabe von religiösen, ökonomischen und belletristischen Büchern, die jeweils etwa ein Viertel der Produktion ausmachten, auch für den Druck von Schulbüchern.
Wegen der häufig proklamierten Ausrichtung ihres Programms gilt die Hermagoras-Gesellschaft heute als ein Verlag, der Bücher für den Bauern publizierte. Aus den gelegentlichen Listen von Abonnenten im eigenen Kalender kann man ablesen, daß es dem Verlag im großen und ganzen gelungen ist, dieses Programm zu verwirklichen, obgleich die Bauern, die damals die Mehrheit der slovenischen Bevölkerung bildeten, niemals eine Mehrheit unter den Abonnenten darstellten. Den Daten aus dem Jahre 1874 ist zu entnehmen, daß 25% der Abonnenten Bauern waren8. Wenn wir zudem mit einiger Berechtigung annehmen, daß sich hinter der mit 22% allzu umfangreichen Gruppe der "Grundbesitzer" nicht nur der Landadel verbarg, können wir den Anteil der Bauern an den Abonnenten sogar um einiges höher ansetzen. Angesichts der pessimistischen Einschätzung Rudolf Schendas9, nach der die europäischen Bauern im vorigen Jahrhundert nicht die Hauptgruppe der Leserschaft massenhaft verbreiteter Lesestoffe darstellten, ist dieses ein beachtlich hoher Anteil. Andere Sozialschichten waren wie folgt vertreten: 25% Handwerker, 18% Beamtenschaft und Intelligenz (Geistliche, Lehrer, Ärzte) und 9% Personen, die wir heute der Arbeiterschaft zurechnen würden.
Angesichts der Sozialstruktur der Slovenen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts waren die Bauern unter den Abonnenten somit unterrepräsentiert. Unter der slovenisch sprechenden Bevölkerung stellten sie damals die große Mehrheit dar, denn von der Landwirtschaft lebten 1890 noch immer 75% der Menschen: Es gab 150.000 selbständige Höfe, auf denen durchschnittlich sechs Personen lebten, also jeweils sechs potentielle Leser, wenn wir uns von dem idyllischen Bild verführen lassen, auf dem man die ganze Bauernfamilie an Winterabenden beim Lesen von Publikationen der Hermagoras-Gesellschaft versammelt sieht. Unsere Berechnungen zeigen, daß 1875 bei einer Auflage von 25.000 Exemplaren jeder 13. Bauernhof auf diese Bücher abonniert war, 1890 bei einer Auflage von 50.000 aber schon jeder siebte. Auf dem Höhepunkt der Beliebtheit direkt vor Ende des Ersten Weltkrieges erschien das "Jahres-Buchgeschenk" in mehr als 90.000 Exemplaren und erreichte, wenn wir annehmen, daß die Mehrheit der Käufer ihr Buch auch gelesen haben, jeden fünften von insgesamt 1.360.000 Slovenen. Die Zahlen kann man im europäischen Vergleich nur als phantastisch bezeichnen. Damit war der Nachweis eines einmaligen organisatorischen Erfolgs der slovenischen Geistlichkeit erbracht, der nur durch ein sorgfältig unterhaltenes Netz von Vertrauensleuten, üblicherweise Geistliche und Lehrer, möglich geworden war10.
Etwa die Hälfte der Auflage der Hermagoras-Gesellschaft ging also an städtische Leser: an den liberalen Handwerker, den Beamten, den Angehörigen der Intelligenz, der in sich eine Art nationaler Verpflichtung verspürte, das slovenische Buch zu kaufen, obwohl es nicht ausdrücklich für ihn geschrieben worden war. Da es nur wenig slovenisches Schrifttum gab, hat er es sicher auch schnell konsumiert. Die Hermagoras-Gesellschaft sorgte somit nicht nur für einen neuen sozialen Typus des unterschichtlichen Lesers, den Bauern, sondern gleichzeitig auch für ein differenziertes Angebot für den schon vorhandenen bürgerlichen Leser bzw. den Leser der Mittelschicht, wie wir heute sagen würden. Das Bild des lesenden Volkes, das so gern die Titelseiten der Familienblätter schmückte, war im großen und ganzen ein programmatischer Mythos. Man muß aber anerkennen, daß ohne diesen Mythos bei weitem nicht ein solch zahlreiches bäuerliches Publikum hätte erreicht werden können, wie die angeführten Zahlen dies für Slovenien belegen.
Es ist auffällig, daß es nicht nur unter den Lesern, sondern auch unter den Abonnenten schon damals mehr Frauen als Männer gab und daß die finanziell unselbständige Jugend fast ein Viertel der Auflage gekauft hat. Der Bauer war in erster Linie Angehöriger der Unterschicht und war als solcher noch lange im 19. Jh Analphabet oder Halb-Alphabet, ohne entwickelte Lesebedürfnisse und auch ohne die entsprechenden Mittel, sich die noch relativ teuren Bücher leisten zu können. Damit der Bauer das Buch kaufte, mußte es verbilligt werden und es mußte verständlich und konkret sein, mit einer ausführlichen Geschichte und/oder mit praktischen Informationen im Mittelpunkt. Einigen dieser Forderungen konnte die Hermagoras-Gesellschaft, auch wenn von einer Vielfalt des Buchangebots für das einfache Volk noch nicht die Rede sein konnte, durchaus erfolgreich nachkommen. Die Gesellschaft war damit in Slovenien einer der sehr wenigen Verlage, die in ihrem Programm mit Erfolg auch den Bauern berücksichtigte, obwohl dieser nicht die Mehrheit der Leserschaft darstellte.
Ausgangspunkt des literaturpädagogischen Programms im 19. Jh war auch im Fall der Hermagoras-Gesellschaft die Stadt, und die Schöpfer dieser Literatur rekrutierten sich aus der Intelligenzschicht, im vorliegenden Fall selbstverständlich vor allem aus der katholischen Geistlichkeit.
2. Die literarischen Gattungen der Verlagsproduktion
Die Publikationen der Hermagoras-Gesellschaft waren der erste und wichtigste Erscheinungsort für die autochthone slovenische lange Erzählung (povest). Die Bezeichnung "Roman" trifft man in den Untertiteln nur selten an. Bei Übersetzungen wurde die Bezeichnung "Roman" gelegentlich zugelassen11, doch war sie bei der Originalliteratur eine seltene Ausnahme12, auch wenn die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Slovenien als "Zeit des Romans" bezeichnet wurde und die einst vorherrschende Erzählung (povest) völlig in den Hintergrund trat.
Gerade die Hermagoras-Gesellschaft prägte seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die besondere Bedeutung der slovenischen "povest". Die Begriffe Roman und Novelle standen damals für empfindliche katholische Ohren wegen ihrer häufig erotischen Inhalte im Ruche des Unanständigen. Im Gegensatz zu diesen beiden "verdorbenen" weltliterarischen Gattungen stand die "povest"13 hingegen für sittliche und saubere Prosa. Roman und Novelle übernahmen nach der Vorstellung des Literaturhistorikers Matjaž Kmecl die Bedeutung bürgerlicher, die Erzählung aber die Bedeutung plebejischer bzw. volkstümlicher Prosa14.
Der Typus von Literatur, den die Hermagoras-Gesellschaft herausgab, war in der frühen Epoche die Kalendergeschichte, sowohl wegen ihrer geringen Länge (10.000–20.000 Wörter) und ihres Erscheinens im Kalender der Hermagoras-Gesellschaft, als auch aus inhaltlichen Gründen. Daneben erschienen in der Sammlung Slovenske večernice 80 bis 130 Seiten lange Erzählungen des "povest"-Typs (bis 45.000 Wörter); noch längere Erzählungen erschienen auch in anderen Hermagoras-Editionen und auch in ihrer periodischen Presse. In den aus sechs Büchern bestehenden "Jahresgaben" für die ordentlichen Mitglieder befand sich mindestens eine Erzählung.
Eine literarische Initiative, die die Hermagoras-Gesellschaft 1863 übernahm, hatte der liberale Schriftsteller Fran Levstik 1858 entwickelt15. Die Hermagoras-Gesellschaft schrieb in seinem Geiste einen Wettbewerb um die "beste Originalerzählung" aus und hob dabei als Adressaten den Rezipienten aus der Unterschicht hervor, den einfachen bäuerlichen Menschen und die Jugend. Die Absicht der Hermagoras-Literatur war Belehrung und Unterhaltung oder, in den Worten der Gesellschaft, "anständiger Frohsinn". Die dafür vorgesehenen Gattungen waren die der Bauernerzählung ("Erzählung aus dem heimischen Leben des slovenischen Volkes") und die historische, landeskundliche, volkskundliche und biographische Erzählung.
Die übersetzten Texte vermehrten in den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Gesellschaft jene Fülle von Texten, die nach dem Muster der religionspädagogischen Schriften des schwäbischen katholischen Geistlichen Christoph von Schmid (1768–1845) verfaßt waren; zusammen mit den Missions- und Märtyrergeschichten waren dies 20 Texte mittlerer und größerer Länge. Die Originalwerke slovenischer Autoren favorisierten seit den 1860er Jahren hingegen die historische Abenteuergeschichte, insbesondere das Thema der Türkeneinfälle in Slovenien seit dem 15. Jh. In den 1880er Jahren begann die Bauernerzählung alle anderen Gattungen zu überwuchern. Drei Gattungen sorgten also im ausgehenden 19. Jh für dreifache Beeinflussung der Leser: Christoph von Schmid für die religiöse, die historische Erzählung für die patriotische oder nationale und die Bauernerzählung für die wirtschaftliche Manipulation. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jhs herrschte noch die Bauernerzählung (mit sieben Texten) vor, doch wurde im folgenden Jahrzehnt mit historischen, bäuerlichen und humoristischen Erzählungen die Auswahl größer; nach dem Weltkrieg wuchs in den 1920er und 30er Jahren das Interesse an der historischen Erzählung (18 Texte), während zur Zeit des Zweiten Weltkriegs wieder fast ausschließlich Bauernerzählungen gedruckt wurden (11 Texte).
Nicht übersehen werden darf im Gattungsangebot der Gesellschaft die Bergerzählung, deren Keim in jenen übersetzten Jägererzählungen zu sehen ist, die am Anfang der slovenischen populären Erzählprosa standen, dann aber für viele Jahre wieder verstummten. Die Alpen sollten einen mächtigen Anfangsimpuls für die Ausbildung slovenischer Lesegewohnheiten geben, ebenso wie sie dann in den 1930er Jahren den ersten slovenischen Film stimulierten. Es ging um die demonstrative Identifizierung mit der Alpenkultur und damit um die Bekräftigung einer spezifisch slovenischen Eigenart. Im 19. Jh, das von panslavischem Geist erfüllt war und nach der geistigen Vereinigung aller Slaven strebte, war eine solche Herausstellung der Alpen natürlich unerwünscht, selbst bei der sonst konservativen Hermagoras-Gesellschaft. Statt einer den Alpen zugewandten, nordwestlichen Orientierung herrschte schon bald nach der Gründung eine nach Südosten und Osten gewandte illyrische und panslavische geistige Orientierung vor. Deswegen war nach dem verunglückten Beginn mit der Alpenerzählung die große Zahl vor allem übersetzter Erzählungen nicht überraschend, in denen sich das Geschehen im Osten, in Rußland, ja bis nach Sibirien abspielte.
Im Gegensatz zum kanonisierten slovenischen historischen Roman, den Josip Jurčič nach dem Vorbild Walter Scotts geschaffen hatte und der in seinem Kern eine meistens unglückliche Liebesbeziehung gestaltete, verzichtete die historische Erzählung bei der Hermagoras-Gesellschaft mit dem Stoff der Türkeneinfälle in Slovenien gänzlich auf diesen Aspekt der geschlechtlichen Liebe. Zarte Gefühle ersetzte sie durch familiäre, statt auseinandergerissener Liebespaare wurden getrennte und über die Welt verstreute Familien dargestellt, deren Mitglieder sich am Ende natürlich wiederfanden. Das Ereignisschema einer solchen Erzählung ist schon aus dem antiken erotisch-abenteuerlichen Roman des Heliodor bekannt, der im Mittelalter zum christlichen Roman modifiziert wurde16, wobei die Beziehungen der Geschlechter durch Familienbeziehungen ersetzt wurden. Aus der erotisch-abenteuerlichen entstand die "familiär-abenteuerliche" Erzählung. Am anziehendsten für den Leser waren sicher die Szenen des Wiedersehens und Erkennens der Familienmitglieder.
Der Einzelheld ist in der historischen Erzählung der Hermagoras-Gesellschaft eine seltene Erscheinung. Eine logische Überlegung führt uns zur Erwartung, daß dieser Held eigentlich aktiv die slovenischen historischen Interessen hätte vertreten müssen. Dies stimmte im Prinzip, in der Praxis war er aber ein passiver, unmännlicher Held, der – wie etwa die Figur der Volksüberlieferung Peter Klepec – zwar oft physische Kräfte vorweisen konnte, mit diesen aber nichts Vernünftiges anzufangen wußte und sich immer dem Klügeren unterordnen mußte. Am zufriedensten war er, wenn es ihm gelang, sich am Ende aus den historischen Verwicklungen in das bescheiden-biedere Familienleben zurückzuziehen – und auch dies hatte er noch seiner aktiveren Lebensgefährtin zu verdanken, die an der Seite eines unfähigen mythischen slovenischen Helden die schwere Last historischer Entscheidungen allein auf sich nehmen mußte. Die slovenische Literatur, nicht nur die der Hermagoras-Gesellschaft, ist nicht nur voller schlaffer Helden, sondern auch voll von entschiedenen und tapferen jungen Frauen: vom Soldatenmädchen über das "Heiden-Mädchen" (ajdovska deklica) bis zur "Lepa Vida"17.
Die religiöse Lehrhaftigkeit der Erzählungen Christoph von Schmids hat die historische Erzählung in sich aufgenommen und mit patriotischen Gedanken zu einer Maxime verbunden, die dann bis zur Geschmacklosigkeit wiederholt wurde: Alles für Glauben, Heimat und Kaiser! Der Glaube war der "einzig seligmachende" katholische, für ihn mußten die ungläubigen Türken besiegt werden, damit sich zeigen konnte, wen Gott liebte. Die Heimat war entweder ein vereintes Slovenien oder eine seiner Regionen (Kärnten, Steiermark oder Krain), und der Kaiser war der jeweilige Repräsentant des Hauses Habsburg, dem die Slovenen traditionell bedingungslos in Treue ergeben waren.
3. Die volkstümliche Erzählung und die Bauernerzählung
Die Bauernerzählung18 war seit den 1880er Jahren die vorherrschende Prosagattung in der Produktion der Gesellschaft. So wie der Typ der volkstümlichen Erzählung der Hermagoras-Gesellschaft geradezu schicksalhaft die Definition der slovenischen Erzählung insgesamt beeinflußte, so wurde die Bauernerzählung wegen der großen Zahl von Ausgaben durch die Gesellschaft schlechthin zum Inbegriff der volkstümlichen Hermagoras-Erzählung.
Das katholische verlegerische Monopol bei der Bauernerzählung
Auch wenn es sich nicht um einen literarischen Gattungsbegriff handelt, haben sich die slovenischen Literaturwissenschaftler dennoch in den 1930er Jahren ausführlich mit der volkstümlichen Erzählung befaßt. Man sprach in diesem Zusammenhang noch von der "Volkserzählung", da der moderne Begriff der volkstümlichen Erzählung noch nicht gebräuchlich war. Da "Volkserzählung" (ljudska povest) im Deutschen wie im Slovenischen heute die anonym und mündlich verbreitete Literatur meint, gilt für die von Autoren geschriebene Erzählung, auch wenn sie für die Unterschicht bestimmt war und in populären Verlagen erschien, daß man für sie den Begriff "volkstümliche Erzählung" (poljudna povest) verwenden sollte.
Die Kritiker aus dem katholischen Lager, unter ihnen z.B. der Geistliche und Grammatiker Jakob Šolar, stießen sich bei der volkstümlichen Erzählung nur an ihren formalen Defiziten, das Didaktische und das Tendenziöse hielten sie dagegen für einen legitimen Bestandteil, denn sie faßten sie nicht als einen bestimmten thematischen, sondern nur als einen weltanschaulichen und sozialen Typus von Erzählung auf.
In ihren Intentionen und Funktionen bewegt sich die volkstümliche Erzählung in einem Dreieck, das durch folgende drei Punkte bestimmt ist: 1. Erziehung und Belehrung, 2. Optimismus bzw. Begeisterung für etwas, was einen bewegt und eine Katharsis herbeiführt, und 3. eine liebevolle Beziehung zwischen dem Erzähler und dem Volk, von dem er Erzählt. Die Definition der volkstümlichen Erzählung war also ganz einfach: Es ist eine Erzählung, die für das Volk geschrieben ist, was bedeutet, daß sie nach Sprache, Denken und Fühlen dem Herzen des Volkes entsprechen sollte. Festzulegen blieb nur noch, wer oder was dieses "Volk" ist. Es gab Zeiten, in denen die Definition des Volkes keine sehr schwierige Aufgabe war, denn Stadt und Land, Herrschaft und einfaches Volk waren nach Lebensart, Arbeit, Bildung, Fühlen und Denken, nach Tracht und Mundart so scharf voneinander geschieden, daß die Grenzen jedem offenkundig und handgreiflich waren. Das Bürgertum war zweisprachig, das Volk oder die Unterschicht hingegen beherrschte nur die slovenische Sprache. In sozialer Hinsicht war das Volk eine sehr einheitliche, überwiegend bäuerliche Bevölkerung. In der ersten Hälfte des 20. Jhs differenzierte sich das sogenannte "Volk" jedoch grundlegend in Bauern, Arbeiter und Handwerker und wurde so zu einer uneinheitlicheren und schwerer zu bestimmenden sozialen Gruppe. Der gemeinsame Nenner für alle Angehörigen des "Volkes" wurde die physische Arbeit. "Volk" war damit jener Teil der Bevölkerung, der die materiellen Güter mit der Arbeit der eigenen Hände schuf, vor allem die Bauern und Arbeiter. Die volkstümliche Erzählung war eine Erzählung, die das Leben der arbeitenden Bevölkerung nicht nur ihrem äußeren Erscheinungsbild nach beschrieb, sondern auch im Bewußtsein ihrer Identität mit ihr. Das Verhältnis zwischen volkstümlicher Erzählung und Bauernerzählung entspricht also ungefähr dem Verhältnis zwischen dem Ganzen und seinem Teil.
Jakob Šolar entwickelte eine Art literarisches Programm für die volkstümliche Erzählung, in dem er solche Themen vorschlug wie den Verfall der Bauernhäuser, den Alkoholismus in Oberkrain, die Arbeitsplätze vernichtende Industrialisierung, Landflucht und Auswanderung, das Sinken der Geburtenziffer, wachsenden Sittenverfall, den Traditionsverlust bei Ernährung, Trachten und Bräuchen, das Vordringen des Materialismus und des Bürgertums auf dem Dorf usw. Die Erzählung sollte slovenisches Bewußtsein wecken und sollte der Erhaltung des Grundbesitzes und damit dem ganzen Volk dienen.
Die Kritiker der Linken verhielten sich der volkstümlichen Erzählung gegenüber elitär-kritisch: Die auf den Unterschichtleser zielende volkstümliche Erzählung bedeutete für sie a priori schlechte Qualität, während die durch bäuerliche Thematik bestimmten "Dorfgeschichten" ihrer Meinung nach auch für den gebildeten Leser künstlerischen Wert besaßen.
Die Bauernerzählungen der Hermagoras-Gesellschaft stellten Bauern aus allen Vermögensschichten dar; Ort des Geschehens war stets das Dorf. Die Gattungsspezifik wurde aber darüber hinaus geprägt von der Aussparung von Erotik, von dem Streben nach Darstellung von Verbrechen (wie Brandstiftung, Diebstahl, Totschlag) und politischen Geschehnissen, nicht selten auch von der Thematik des Krieges. Das abstrakte nationale Programm, das in der historischen Erzählung sichtbar wurde, konkretisierte sich in der Bauernerzählung zu einem nationalökonomischen und rationalistisch-aufklärerischen Programm. Eine Hochzeit war nicht eine Sache der Gefühle, sondern allein des wirtschaftlichen Kalküls. Als Prototyp der slovenischen Bauernerzählung muß die 1848 erschienene Übersetzung des "Goldmacherdorfs"19 des Schweizer Klassikers dieses Genres, Heinrich Zschokke, gelten. Mit besonderer Begeisterung wurde darin immer wieder die Forderung nach Ordnung und Sauberkeit auf dem Bauernhof, im Stall und im Haus selbst erhoben und zur Veranschaulichung wurden in ästhetisierendharmonischen Bildern ideale Bauernhöfe und Dörfer vorgestellt. Ziel dieser idyllischen Beschreibungen war aber nicht der ästhetische Genuß, sondern die Darstellung geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse als Beweis und Symbol richtigen und erfolgreichen Wirtschaftens. Für die bäuerlichen Leser sollte sie Anreiz bieten, sich ähnlich zu verhalten, wenn sie Erfolg haben wollten. Ordnung war ein anderer Name für die Arbeitsorganisation, und Reinlichkeit, die Vorbedingung für Gesundheit, ein anderer Name für höchste Leistungsfähigkeit bei der Arbeit. Dieser Absicht dienten hie und da auch Passagen, die besser in ein landwirtschaftliches Fachbuch als in fiktionale Prosa gepaßt hätten. Auf den heutigen Leser wirken die sozial-politischen Disqualifikationen von Arbeitern und Häuslern ebenso störend wie die streng moralischen Forderungen, die allen Schichten gegenüber erhoben wurden. Die Grundlage dieser Forderungen war religiöser Natur, doch sorgte die Bauernerzählung stets dafür, daß der moralische Imperativ in eine ökonomische Argumentation eingebettet blieb. Ehebruch z.B. leitete die Energien weg von der Produktion und war deshalb schädlich; das gleiche galt von Unsitten wie Kartenspiel, Saufereien, Schlägereien usw., weshalb für sie im idealen Dorf kein Platz war. Die Darstellungen typischer Verbrechen in den Bauernerzählungen beschrieben diese Sünden nicht in der Art von Kriminalgeschichten, die sich an der Entdeckung des Täters delektieren, sondern waren gemeint als Warnung, als abschreckendes Beispiel dafür, wie der Bauer sich nicht verhalten sollte, wenn er nicht so traurig enden wollte, wie die negativen Helden in den Erzählungen.
Die Ausführenden krimineller Handlungen waren sehr häufig Arbeiter und Häusler, d.h. Angehörige der niedrigsten Sozialschichten. Die Hermagoras-Gesellschaft hat sich sowohl wegen dieser Gleichsetzung von Arbeiterschaft und Kriminalität in den Bauernerzählungen, d.h. der Darstellung des Arbeiters als potentiellem Verbrecher, als auch wegen der ständigen und rücksichtlosen Kritik an ihren Gegnern den Unwillen der slovenischen Sozialisten und später wegen der Heimatideologie den des kommunistischen Nachkriegsregimes zugezogen. Dort war man daran interessiert, zusammen mit dem "reaktionären" Bauerntum auch die konservative Bauernerzählung der Hermagoras-Gesellschaft zu vernichten. In den frühen historischen Erzählungen der Hermagoras-Gesellschaft war der Tod nur von Gerechten möglich, die Gott zu sich gerufen hatte, oder von Sündern, die kurz vor ihrem Ende bereuten; sogar Türken starben als Bekehrte. In den späteren Erzählungen gab es noch nicht einmal nach dem Tode so etwas wie Versöhnung. Die politischen Gegner des slovenischen Klerus starben in der Bauernerzählung noch verstockter als zu dem Zeitpunkt, als sie in den Erzählraum eintraten. Diese weltanschauliche und politische Konfrontation erlebte ihren Höhepunkt allerdings nicht mehr in der Fiktion, sondern in der Wirklichkeit eines Bürgerkriegs 1941–1945.
4. Populäre Verlage in Slovenien heute
Die Hermagoras-Gesellschaft erlebte in den 140 Jahren ihres Bestehens einige Zeiten der Krise, die sich in einem Sinken der Abonnentenzahlen bemerkbar machten. Einen ersten Einbruch bedeutete das Jahr 1918, in dem sie aus Klagenfurt, das nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reiches der Republik Österreich zugeschlagen wurde, in das jugoslawische Celje (Cilli) umziehen mußte. Ein Drittel der Abonnenten lebte zudem nun in Italien (Triest/Trst und Küstenland), das eine Verbreitung jugoslawischer Bücher nicht erlaubte. In Görz/Gorizia wurde eine zweite Hermagoras-Gesellschaft gegründet, die selbständig slovenische Bücher druckte. Einen zweiten Einbruch erlebte die Hermagoras-Gesellschaft beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, als die deutsche Besatzung alle Buchlager vernichtete und das Archiv der Gesellschaft an einen unbekannten Ort verschleppte. Nach dem Krieg stieg die Auflage wieder stark an, doch waren die goldenen Zeiten vorüber. Die politisch bedingte Verschärfung des Ost-West-Konflikts, vor allem der Bruch Jugoslawiens mit der Sowjetunion 1948, sorgte für ein neues Absinken der Auflage in der Muttergesellschaft und unterbrach sogar die Verbindungen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Celjer (d.h. der jugoslawischen), der Klagenfurter (der österreichischen) und der Görzer (der italienischen) Hermagoras-Gesellschaft (soweit die innere Rivalität der Länder Krain, Kärnten und Küstenland hier nicht ohnehin schon Zwietracht gesät hatte), obwohl sie weltanschaulich ja alle dieselben Wurzeln hatten. Die Abonnentenlisten zeigen, daß jahrelang wegen der unterbrochenen kulturellen Verbindungen kein einziges Buch zwischen den drei Bereichen ausgetauscht wurde. Nicht einmal der slovenischen Nationalbibliographie war es möglich, alle slovenischen Drucke zu registrieren, die jenseits der Staatsgrenze publiziert wurden. Trotz einer sehr geringen Zahl von Bauern in Slovenien und unter den Lesern sind heute die Auflagenzahlen dieses traditionell "bäuerlichen" Verlages wieder hoch. Das bedeutet, daß die Identifizierung der Leser mit dem Verlag nicht so sehr auf sozialer Ebene (über die Bauernthematik), sondern über den katholischen Glauben verläuft. Die ursprünglich stark belletristische Produktion ist in den Hintergrund getreten; nach dem Krieg versuchte man viele Jahre die Leser mit übersetzten Texten und mit weniger Belletristik, als dies früher üblich war, zu befriedigen. Natürlich rief eine solche verfehlte Programmstrategie die Konkurrenten in Klagenfurt und Görz auf den Plan. Görz war mit 13 Originalerzählungen nach 1945 nicht gerade sehr produktiv, aber Klagenfurt wurde mit 36 Originalerzählungen nach dem Krieg zur ernsten Konkurrenz der Muttergesellschaft in Celje. Ideologische Zwietracht begrenzte die Leserschaft beider Verlage auf den außerjugoslawischen Raum, auf die Emigration und das Ausland. In Slovenien konzentrierten sich zwei Verlage (Kmečki glas und Prešeren-Gesellschaft) auf die Herausgabe der vernachlässigten Bauernerzählung. Der erste Verlag sorgt für etwa vier Bauernerzählungen jährlich, jede mit einer Auflage von 4.000 Exemplaren, der andere verfügt über ein organisiertes Abonnentennetz, das ihm die für slovenische Verhältnisse phantastischen Auflagen von über 60.000 Exemplaren sichert. Bäuerliche Leser gibt es unter den Abonnenten wenige, da die heutige Einwohnerstatistik Sloveniens den reinen Bauern kaum mehr ausmachen kann.
Die Gesamtauflagen der st. Hermagoras-Gesellschaft
Der größte Verlag für das populäre Buch, die nach einer deutschen Lizenz arbeitende Buchgemeinschaft "Welt des Buches", die mit 170.000 Mitgliedern fast doppelt so viele Abonnenten hat wie die Hermagoras-Gesellschaft zur Zeit ihrer höchsten Blüte, publiziert keine originalen Erzählungen und läßt sich allenfalls schamhaft dazu herab, einen Nachdruck einer bewährten klassischen Bauernerzählung, z.B. des Klassikers dieses Genres, Janez Jalens, zu veranstalten. Die Auflagen sind dabei nicht mehr so hoch, dafür gibt es eine sehr große Auswahl von über 300 Titeln pro Jahr, von denen ein Drittel Ersterscheinungen sind. Erfolgstitel erreichen eine Auflage von 40.000 Exemplaren. Noch etwas höhere Auflagen haben Zeitschriften, in denen regelmäßig belletristische Titel von nichtprofessionellen Autoren unter dem Rubriktitel "Geschichten, die das Leben schrieb" erscheinen.
2 s. Družba sv. Mohorja v Celovcu. In: 130 let Družba sv. Mohorja v Celovcu. Klagenfurt: Družba Sv. Mohorja, 1983, S. 18.
3 Ebda., S. 11.
4 Družba svetega Mohorja (Bruderschaft des Hl. Hermagoras).
5 Koledar Mohorjeve družbe. Klagenfurt: Družba Sv. Mohorja, 1900, S. 133.
6 Im Wörterbuch wird matica als "Bienenkönigin" erklärt.
7 d.h. "Slovenische Abendstunden" nach dem Vorbild der Wiener Sammlung "Abendstunden".
8 s. Imenik častitih p.n. udov družbe sv. Mohora. In: Koledar družbe sv. Mohora. Klagenfurt: Družba Sv. Mohorja, 1875.
9 s. R. Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770–1910. Frankfurt: Klostermann, 1970, S. 445.
10 Die Auflagen der verschiedenen "matica"-Gesellschaften in den slavischen Ländern lassen sich mit denen der Hermagoras-Gesellschaft nicht vergleichen. Die Auflagen der Hermagoras-Gesellschaft faszinierten die Polen zu Beginn des Jahrhunderts (vgl. Stefan Bratkowski: Najdłuzsza wojna Słoweńców. In: Tygodnik powszechny 36 [1939] 8) und trieben die Serben 20 Jahre später in ein Wettrennen: 1929 klagte Feodor Nikić, der Sekretär der Matica Srpska, daß bei der etwa viermal stärkeren serbischen Bevölkerung die Auflagen seiner Matica 19mal geringer seien, als die der slovenischen Hermagoras-Gesellschaft. In Zahlen ausgedrückt: 4.000 gegenuber 76.000 Exemplaren pro Titel (s. Matica Srpska i narod. In: Letopis Matice Srpske 1929, Bd. 322, Heft 1, S. 5). — Bei den Kroaten entsprach der Hermagoras-Gesellschaft die St. Hieronymus-Gesellschaft, die sich an den Slovenen ein Beispiel nahm, aber keine solche großen verlegerischen Erfolge verbuchen konnte, 1913 näherte sie sich ihr am meisten, aber auch damals hatte sie noch immer nur die Hälfte der Mitgliederzahl des slovenischen Verlags (s. Josip Buturac: Hrvatsko književno društvo sv. Jeronima ili sv. Cirila i Metoda 1868–1968, Zagreb: Hrvatsko književno društvo sv. Ćirila i Metoda, 1969, S. 22–23). Grund für diese Differenz war wohl auch der hohe Analphabetismus in Kroatien, wenn auch nicht so entscheidend, wie dies Buturac vermutet, denn noch im Jahre 1900 gab es auch in Slovenien 15% Analphabeten. Die Hinweise verdanke ich Jozo Džambo.
11 Zwischen 1925 und 1935 erschienen sechs solcher "Romane".
12 Es geht um zwei Texte des zeitgenössischen und modernen Schriftstellers Alojz Rebula (1972 und 1988). In dem Klagenfurter Verlag, der Hermagoras-Gesellschaft war das Vorurteil gegenüber dem "Roman" merklich geringer als beim jugoslawischen Teil des Verlages: Nach 1957 erschienen dort acht Romane, aber auch der Hermagoras-Verlag im italienischen Gorizia (Görz/Gorica) brachte zwei davon heraus (1981, 1986).
13 Im folgenden werde ich den Begriff povest durch "Erzählung" ersetzen, auch wenn die Bedeutung nicht ganz gleich ist.
14 Matjaž Kmecl: Ovčar Marko povest in roman. In: Janez Jalen, Ovčar Marko. Ljubljana: Mladinska knjiga, 1988, S. 380.
15 s. die literaturprogrammatische Schrift Popotovanje iz Litije do Čateža [Die Reise von Litija nach Čatež]. In: Slovenski Glasnik 1 (1858).
16 vgl. Janko Kos: Začetki slovenske umetne proze in evropska tradicija. In: Slavistična revija 29:3 (1981) 233–258.
17 z.B. Ferdo Kočevar-Žavčanin: Mlinarjev Janez ali uplemenitba Teharčanov. 1858; Josip Podmilšak: Sabinka, slovenska junakinja. In: Besednik 1876; s. auch Jože Pogačnik: Slovenska Lepa Vida ali hoja za rožo čudotvorno. Ljubljana: Cankarjeva založba, 1988.
18 Zur slovenischen Bauernerzählung s. meine ausführliche Darstellung der Gattung in Miran Hladnik: Slovenska kmečka povest. Ljubljana: Prešernova družba 1990 (dt. Zusammenfassung S. 199–201).
19 Das Goldmacherdorf. Eine anmutige und wahrhafte Geschichte vom aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten (Aarau 1817) von Johann Heinrich Daniel Zschokke (1771–1848); vgl. dazu Holger Böning: Von Narren und Goldmachern. In: Zeitschrift für Volkskunde 79 (1983) 42–55.
Publiziert in:
Südosteuropäische Popularliteratur im 19. und 20.
Jahrhundert. Hrsg. Klaus Roth. München: Südosteuropa-Gesellschaft;
Münchner Vereinigung für Volkskunde, 1993
(Münchner Beiträge zur Volkskunde, 13). 123–136.
Http://www.ijs.si/lit/hermagor.html, 28. April und 24. Mai 2002.
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